Die Diskussion darüber, ob Windräder schädlich für Tiere sind, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Während Windenergie als saubere und nachhaltige Energiequelle geschätzt wird, gibt es Bedenken hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die lokale Tierwelt. Insbesondere Vögel und Fledermäuse scheinen von den Turbinen betroffen zu sein. Drei Mitarbeiter:innen des Natur- und Artenschutzteams von Prokon berichten über ihre Ausgleichsmaßnahmen zum Schutz der Tiere rund um die Windkraftanlagen. Sie kümmern sich um Haselmaus und Rotmilan, pflanzen aufgeschüttete, dicht bepflanzte Erdwälle und besorgen Schafherden.
Windräder können für Tiere aus verschiedenen Gründen schädlich sein. Vor allem Vögel und Fledermäuse sind betroffen, da sie während ihrer Flugrouten mit den Turbinen kollidieren können. Die Rotoren der Windräder drehen sich mit hoher Geschwindigkeit und sind besonders nachts oder bei schlechten Sichtverhältnissen für die Tiere schwer zu erkennen. Darüber hinaus können der Lärm und die Vibration der Turbinen das natürliche Verhalten und die Kommunikation von Tierarten stören, die auf akustische Signale angewiesen sind. Zudem führen der Bau und Betrieb von Windparks zu einer Veränderung und teilweise auch zum Verlust von Lebensräumen, was die lokale Fauna weiter beeinträchtigen kann. Prokon liegt Arten- und Naturschutz sehr am Herzen, daher werden verschiedene Maßnahmen unternommen, um die Eingriffe in die Natur durch Windenergieanlagen auszugleichen.
Ein Hilferuf kam aus Mecklenburg-Vorpommern: In der Nähe des geplanten Prokon-Windparks bei Granzin wurde ein Rotmilan-Horst entdeckt - ein Fall für Melanie Schindler, die von Potsdam aus für Prokon den Natur- und Artenschutz in den östlichen Bundesländern betreut.
„Weil der Horst in der Nähe der geplanten Anlagen liegt, müssen Ablenkungsflächen geschaffen werden“, sagt die Projektkoordinatorin.
Im konkreten Fall hat Melanie Schindler mit einer Grundeigentümerin vereinbart, dass eine ihrer Flächen zukünftig nicht mehr intensiv bewirtschaftet, sondern in eine Ackerbrache umgewandelt wird. Hier sehen die Rotmilane ihre Beute besser, das lockt sie an. Gleichzeitig bleiben die Vögel den Rotoren fern und geraten nicht in Gefahr. Melanie Schindler ist eine von drei hauptberuflichen Natur- und Artenschützer:innen bei Prokon. Ihre Aufgabe: Eingriffe in die Natur auszugleichen, die für den Bau von Windkraftanlagen notwendig sind. Bereits in der Planungsphase neuer Anlagen sind sie involviert, geben Gutachten in Auftrag und vereinbaren Ausgleichsmaßnahmen für den Flächenverbrauch sowie Schutzmaßnahmen für bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Wenn es um die Realisierung geht, sorgen die Prokon-Umweltschützer:innen dafür, dass Fachfirmen die Maßnahmen zuverlässig ausführen.
„In fast jedem Projekt taucht irgendwo eine sensible Art auf, und die hat meist Flügel“, sagt Janine Friedhoff, die von Itzehoe aus Norddeutschland betreut.
Zum Beispiel beim Repowering des Windparks Horst in Schleswig-Holstein: „Da gibt es zwei Horste von Weißstörchen in einem Kilometer Entfernung“, erklärt die studierte Naturschützerin und Landschaftsplanerin. Zwar sind die Störche mit den alten Windenergieanlagen gut ausgekommen, aber wegen des geplanten Repowerings ändert sich die Landschaft für die Vögel. Deshalb werden auch hier Ablenkflächen geschaffen. Janine Friedhoff lässt mehrere Kleingewässer anlegen, damit die Störche hier ihre Lieblingsfrösche finden. Außerdem wird Grünland mit artenreichem Saatgut bestückt und dadurch ökologisch aufgewertet. Ein Acker wird zudem mit Kleegras eingesät und sehr häufig gemäht.
„Im niedrigen Kleegras können die Störche die Mäuse besser sehen“, erklärt Janine Friedhoff. Ein anderes Projekt dagegen schützt gerade die kleinen Nager. „Die Haselmaus ist eine supersensible Art“, sagt Janine Friedhoff.
Das Tier ist eigentlich keine Maus, sondern die kleinste Vertreterin unserer einheimischen Bilche, nachtaktiver Nagetiere. Und weil deren Lebensraum immer knapper wird, hat die Artenschützerin im Windpark Schönwalde-Altenkrempe in Ostholstein knapp 300 Meter sogenannte Knicks anlegen lassen. Das sind aufgeschüttete, dicht bepflanzte Erdwälle, die früher im windigen Schleswig-Holstein die Böden vor Erosion schützten, aber heute durch den Trend zu immer größeren Äckern vielerorts verschwunden sind. Dabei bieten diese Knicks Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten, auch für die Haselmaus. Neben den neuen Knicks hat Prokon auch einen 600 Meter langen Uferstreifen der Kremper Au in Ostholstein ökologisch aufgewertet. Dazu wurde das Ufer des Flusses abgeflacht, Weiden und Sträucher gesetzt und Nistmöglichkeiten für Insekten gebaut. Die Maßnahmen verbessern den Lebensraum für verschiedene Fischarten und den streng geschützten Fischotter. Auch die Menschen profitieren: Sie können das naturnahe Gewässer bei einem Spaziergang entlang des neu gestalteten Westufers erleben.
Etwas Geduld brauchen Spaziergänger:innen noch beim Projekt des Mainzer Prokon-Naturschützers Rah Keifenheim. Der Umweltschutzingenieur hat eine Fläche im Hunsrück im Windpark Benzweiler aufforsten lassen – bis zum beschaulichen Waldspaziergang braucht es noch ein paar wachstumsstarke Jahre. Rah Keifenheim ist bei Prokon für den Natur- und Artenschutz in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und im Saarland zuständig.
„Insgesamt bin ich an rund 30 Projekten beteiligt, an 15 davon recht intensiv“, berichtet Rah Keifenheim.
Er begleitet Genehmigungsverfahren und beauftragt die Gutachten, die untersuchen, wie Natur und Arten im Umkreis geplanter Anlagen zu schützen sind. Wenn die Genehmigungen vorliegen, sorgt er für die Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen.
„Jedes Projekt hat seine Tücken“, hat Rah Keifenheim schon in seinem ersten Berufsjahr gelernt, „oft haben wir es mit dem Rotmilan zu tun – bezogen auf die Windkraft ist das ein heikles Thema.“
Doch bisher hat Rah Keifenheim immer eine Lösung gefunden, um die Vögel zu schützen. Um Vierbeiner ging es im Frühjahr bei Melanie Schindler in Sachsen-Anhalt. In der Nähe des Windparks Eilsleben-Ovelgünne hatte Prokon vor vielen Jahren als Ausgleichsmaßnahme eine Streuobstwiese angelegt. Diese war inzwischen von Büschen überwuchert. In Zusammenarbeit mit der Stiftung Kulturlandschaft Sachsen-Anhalt wurden die Birnen-, Kirsch und Pflaumenbäume von zugewachsenen Gehölzen befreit und sollen künftig mit Schafen und Ziegen beweidet werden, um einer erneuten Verbuschung entgegenzuwirken.
Ob es um kleine Mäuse oder großflächige Renaturierungen geht: Die Arbeit der drei Natur- und Artenschützer:innen passt zur Nachhaltigkeitsphilosophie von Prokon - jeder Eingriff in die Natur findet seinen Ausgleich. Durch geeignete Maßnahmen und die Einhaltung von Artenschutzrichtlinien können die Gefahren, die von Windenergieanlagen für Tiere und Umwelt ausgehen, minimiert werden. Eine weitaus größere Gefahr für Tiere ist der Klimawandel - und dem soll mit dem Ausbau der Windenergie entgegengewirkt werden.
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