Ein Prokon-Journal-Interview
Die beiden neuen Aufsichtsratsmitglieder Nikolaus Karsten und Dr. Jochen Herterich über ihre Arbeit im Gremium und die Perspektiven von Prokon.
Karsten: Wir arbeiten als Fünfer-Gremium vertrauensvoll zusammen und lassen uns nicht auseinanderdividieren.
Herterich: Wir wissen im Lichte des Wählervotums um die Wichtigkeit, Konflikte schon im Vorfeld zu klären. Es geht nicht darum, Themen weich zu waschen, sondern darum, zu Lösungen zu kommen. Das funktioniert zwischenmenschlich hundertprozentig – und in der Sache auch.
PJ: Wie oft treffen Sie sich als Gremium?
Karsten: Es gibt vier Aufsichtsratssitzungen pro Jahr. Dazwischen finden im Zwei-Wochen-Rhythmus Meetings per Videokonferenz statt, bei Bedarf auch mit dem Vorstand.
Herterich: Wir machen das ganz bewusst. Es tut uns gut, uns regelmäßig auszutauschen, um zu verstehen, was läuft, und eine gemeinsame Linie zu entwickeln.
Herterich: Ich empfinde es als großen Vorteil, dass das Gremium so heterogen zusammengesetzt ist und jeder seine ganz speziellen Stärken und Erfahrungen einbringen kann.
Karsten: Wir ergänzen uns gut. Petra Wildenhain verfügt über fundiertes Know-how in der Wirtschaftlichkeitsanalyse und hat eine sympathische, ausgleichende Art. Rainer Doemen ist ein Urgestein, gut vernetzt in der Erneuerbaren-Szene und Ragnhild Ofterdinger hat einen tiefen Einblick in die Organisation auch aus der Perspektive der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich kenne mich in der Energiewirtschaft aus und habe eine Vorstellung davon, wie man in der Branche Geld verdienen kann.Herterich: Wir verbinden eine klare und offene Kommunikation mit großer Wertschätzung füreinander. Das führt nach oft bewegten Diskussionen immer zu guten Lösungen. Ich bringe Management- und Sanierungserfahrung ein und weiß, wie sich ein Businessmodell erfolgreich weiterentwickeln lässt.
Karsten: Der Blickwinkel ist anders als von außen. Außerdem hat sich die Situation verändert: Eine Zeit lang ging es für Prokon ums Überleben, jetzt geht es um Wachstum. Wir sind einfach gut unterwegs, wir haben eine gute Basis. Derzeit liefert das Auslandsgeschäft tolle Beiträge zum Ergebnis. Polen hat sich zum Positiven gewendet und bietet Zukunftschancen. In Finnland haben wir bisher gigantische >500 MW ans Netz gebracht und trotz einiger Zweifel in der Anfangsphase der Genossenschaft mit der Projektentwicklung gute Erträge erwirtschaftet. Hier müssen wir gegenwärtig den Markt genau beobachten.
Herterich: Wir haben keinen anderen Blick. Wir haben einen erweiterten und detaillierteren Blick im neuen Aufsichtsratsgremium. Antworten auf unsere Fragen führen auch zu gemeinsamen strategischen Überlegungen. So ist der Ausbau des Service-Bereichs ein ganz wichtiger Baustein für den Erfolg von Prokon. Wir haben damit das Know-how im eigenen Haus, um den kontinuierlichen Betrieb unserer Anlagen sicherzustellen – das macht uns unabhängig. Obendrein können wir unsere Expertise als Dienstleistung für Dritte anbieten.
„Eine Zeit lang ging es für Prokon ums Überleben, jetzt geht es um Wachstum. Wir haben eine gute Basis.“
Nikolaus Karsten, Mitglied des Aufsichtsrats
Herterich: Der Blick zurück bringt uns nicht nach vorn. Es gibt Fakten, die geschaffen worden sind und mit denen wir leben müssen. Dazu kommt: Die Rahmenbedingungen sind auch durch das bisher geleistete viel besser als 2018. Jetzt wollen wir die Erzeugung von grünem Strom mit unseren eigenen Anlagen verdoppeln. Wenn wir es richtig angehen, können wir noch mehr Mitglieder dafür begeistern.
Karsten: Die Marktentwicklung hat das Bild entscheidend verändert: Wie man bei Börsenstrompreisen von drei Cent die Anleihe bedienen soll, war in der Vergangenheit eine ernsthafte Sorge. In der Phase haben wir über 100 Megawatt ans Netz gebracht und verkauft. Diese schweren Zeiten haben wir zum Glück hinter uns. Die entscheidende Frage ist jetzt: Wie kann es gelingen, mit dem Prokon-typischen Pioniergeist möglichst viele Anlagen ans Netz zu bringen und zu behalten? Die Börsenstrompreise sind mit aktuell rund acht Cent attraktiv, unsere Projektpipeline ist sehr gut bestückt, eine Menge ist im Genehmigungsverfahren. Nun gilt es, möglichst viel Kapital einzusammeln.
Karsten: Wir brauchen rund 25 Millionen Euro pro Jahr zusätzliches Eigenkapital, gerne mehr. Dass das zu schaffen ist, zeigt das vergangene Jahr – auch wenn daran natürlich die Rekorddividende einen entscheidenden Anteil hatte. Aber wir haben starke Argumente: Die Rendite ist immer noch ansehnlich, außerdem geht es um echte Zukunftsprojekte, die die Welt für unsere Kinder besser machen.
Herterich: Das Richtige tun und davon profitieren – diese Botschaft müssen wir noch stärker nach außen kommunizieren. Dazu leisten auch die regionalen Beiräte einen wichtigen Beitrag. Unter anderem mit Windparkfesten können wir interessierten Menschen zeigen, was Prokon kann.
Herterich: Richtig ist: Wenn man eine Bilanz kontinuierlich herunterfährt, kann ein Unternehmen auf Dauer nicht überleben. Aber das Risiko besteht inzwischen nicht mehr. Unsere Bilanzen werden besser – auch wenn wir nicht immer alles ersetzen können, was wir abschreiben. Trotzdem: Wir haben mehr auf der Haben-Seite, wir haben Parks in die Bilanz genommen und werden das auch weiter tun können.
Karsten: Die Windparks sind ja unsere Babys, die wir nicht verkaufen, sondern großziehen wollen. Je mehr Geld wir dafür einsammeln, um so besser gelingt das.
„Unser gemeinsames Ziel ist die Verdoppelung der Stromerzeugung. Dafür arbeiten wir als Aufsichtsrat gemeinsam mit dem Vorstand.“
Jochen Herterich, Mitglied des Aufsichtsrats
Karsten: Die Anleihe wird mit jedem Jahr durch kontinuierliche Rückzahlung zu einer geringeren Last. Prokon hat unter Beweis gestellt, dass eine sukzessive Erneuerung des Windparkbestandes möglich ist.
Herterich: Die Anleihe hat sich quasi zu einem normalen Firmenkredit entwickelt – sogar zu einem im derzeitigen Marktumfeld ziemlich günstigen. Das sah in der Vergangenheit bei Strompreisen von zwei Cent anders aus. 2030, wenn der Kredit bedient ist, kann das Unternehmen in der ganzen Bandbreite agieren – auch, was Finanzierungen betrifft.
Herterich: Die Frage stellt sich aktuell nicht. Wenn wir Geld einwerben, dann ganz klar für Prokon. Vorstand und Aufsichtsrat sind sich da einig: Es wird in absehbarer Zeit keinen Verkauf von Windenergieprojekten in Deutschland oder Polen geben.
Karsten: Historisch ist die Windauf-Gründung nachvollziehbar. Für das Überleben wurden kurzfristige Erlöse gebraucht. Ein 80,1-%-Verkauf an Windauf mit geplanter Fusion war für jene Zeit eine sinnvolle Lösung.
Karsten: Wir wollen mit darauf hinwirken, dass die beiden Gesellschaften nach Auslaufen der Anleihe 2030 verschmolzen werden.
Herterich: Das ist bei Genossenschaften auch rechtlich weniger problematisch. Nikolaus Karsten und ich bewerben uns um die Aufnahme als ordentliche Mitglieder bei der Windauf eG.
Herterich: Das ist für beide Seiten ein Lernprozess, der sich sehr positiv gestaltet. Wir stellen viele Fragen und bekommen gute, fundierte Antworten. Das funktioniert prima. Unsere Aufgabe als Aufsichtsrat besteht darin, unsere Erfahrungen einzubringen und als Ratgeber zu fungieren. Wir sind bisher aus allen Gesprächen mit vernünftigen Lösungen rausgegangen.
Karsten: Unser gemeinsames Ziel ist die Verdoppelung der Stromerzeugung. Wenn alle Genossenschaftsmitglieder an einem Strang ziehen, werden wir auf unserem Weg auch weiter erfolgreich sein. Dafür arbeiten wir als Aufsichtsrat gemeinsam mit dem Vorstand.